Ulm/Köln (energate) – Ein Biomasseheizkraftwerk versorgte im finnischen Myllykoski eine Papierfabrik des Konzerns UPM mit Prozessdampf, bis die geschlossen hat. Nun zieht das Kraftwerk nach Deutschland und soll demnächst eine Fabrik der UPM-Tochter Rheinpapier im Chemiepark Knapksack beliefern. Von Artjom Maksimenko
Die Papierfabrik bezog bisher Energie aus Braunkohle. Doch wegen der geplanten Schließung der Braunkohleblöcke am Goldenberg hat der Kraftwerksbetreiber RWE Power seine Verträge mit den Chemiepark-Unternehmen überarbeitetet und bot keine langfristige Belieferung mehr an. Die verschärften Emissionsrichtlinien haben die Notwendigkeit eines neuen Energieversorgungskonzepts zusätzlich verstärkt.
Wegen Änderungen im Belieferungskonzept haben die ansässigen Unternehmen nach neuen und klimaschonenden Energiequellen für ihren Prozessdampf gesucht“, sagt Geschäftsführer des Unternehmens Blue Energy Europe (BEE) Jochen Sautter im Gespräch mit energate. Der Ulmer Projektentwickler von Erneuerbaren-Anlagen ist unter anderem auf die Umsetzung der Projekte mit einem Handicap spezialisiert. „In diesem Fall fehlte einem wirtschaftlich arbeitenden Kraftwerk in Finnland schlicht der Energieabnehmer und den haben wir in Köln nun gefunden.“ Eine wichtige Voraussetzung sei dabei, dass das Kraftwerk mit 100 MW Leistung und einem Wirkungsgrad von 88 Prozent sowohl ökologisch als auch wirtschaftlich sinnvoll sei, betonte Sautter. Das System spare jährlich 260.000 Tonnen CO2 ein, sagte er zu energate.
EEG-2009 als Nebeneffekt
Die ökologischen Vorteile liegen ihm zufolge auf der Hand. Denn sowohl das Kraftwerk aus dem Baujahr 2009 als auch das Altholz, das darin verfeuert wird, befinden sich ein einer „zweiten Lebensphase“. Der Umzug aus Finnland hatte Produktionskosten für rund 2.000 Tonnen Stahl eingespart. „Das sind enorme Ressourceneinsparungen im Vergleich zum Neubau“, so Sautter weiter. Auch die Wirtschaftlichkeit des Kraftwerks ist gewährleistet. Die Hälfte der Wärme erhält die Papierfabrik, etwas weniger gehe an die anderen Unternehmen des Chemieparks. Der Rest soll laut Plan von Blue Energy Europe in das städtische Fernwärmenetz eingespeist werden. „Zurzeit verhandeln wir mit den Stadtwerken Hürth über die Wärmeeinspeisung in das städtische Fernwärmenetz. Wir würden freuen, wenn wir ein kommunales Unternehmen als Kunden gewinnen könnten“, so Sautter. Ein positiver Nebeneffekt für die Rentabilität der Anlage ist der Umstand, dass sie nach dem EEG 2009 vergütet wird – und zwar bis 2029. Das Kraftwerk wäre aber auch ohne wirtschaftlich gewesen, betont der BEE-Geschäftsführer. Das Versorgungskonzept gehe jedoch weit über 2029 hinaus. Danach, „um die Wärmeversorgung langfristig sicherstellen zu können, wird ein möglichst großes Spektrum an Brennstoffen beantragt“, so Sautter weiter. „Um die strengen Umweltvorschriften einhalten zu können, investieren wir gleich zu Beginn in eine neue moderne Rauchgasreinigung.“
Mit dem Aufbau des Kraftwerks wurde General Electric (GE) beauftragt. Andere Arbeiten wie die Fundamente sollen regionale Partnerunternehmen übernehmen. Damit die Energielieferung unterbrechungsfrei funktioniert, werde neben dem Heizkraftwerk ein Gaskraftwerk mit vier zuschaltbaren Turbinen errichtet. „Damit können wir mögliche Spitzen und Stillstandzeiten ausgleichen“, erläutert Stautter. Derzeit befindet sich das Heizkraftwerk in einer Genehmigungsphase, die sich komplizierter gestaltet als bei Neuanlagen. Mitte2019 soll es ans Netz gehen. /am
Quelle: energate messenger vom 29. September 2017