Hürth – Noch rauchen direkt hinter der Papierfabrik auf dem Knapsacker Hügel die Schornsteine des Goldenberg-Kraftwerks, das auch Prozesswärme an Rheinpapier liefert. Doch die Zukunft des RWE-Kraftwerksstandorts, in dessen Kesseln vor allem Braunkohle verfeuert wird, ist unsicher.
Der finnische Konzern UPM, Konzernmutter von Rheinpapier, hat sich deshalb für sein Hürther Werk nach Alternativen umgeschaut. Nun soll die Firma Blue Energy Europe (BEE) aus Neu-Ulm ein stillgelegtes Biomasseheizkraftwerk des zum UPM-Konzern gehörenden Standortes Myllykoski in Finnland ab- und in Hürth wieder aufbauen.
Stromerzeugung ab Mitte 2018
Noch befinden sich die Pläne nach Angaben von Armin Schmidt, General Manager von UPM in Hürth, in der Projektphase. Derzeit würden technische Details geprüft und die Anträge bei den Behörden vorbereitet. Nach Angaben des Werksleiters soll ab Mitte 2018 in der Anlage Strom erzeugt werden. Aus dem umweltfreundlichen
Kraft-Wärme-Kopplungs-Kraftwerk kann dann die Papierfabrik mit Wärme versorgt werden. Eine endgültige Entscheidung wird bis Mitte 2017 erwartet.
Zwischen 2009 und 2011 hat das Kraftwerk ein Werk des Papierherstellers Myllykoski, der auch die Hürther Papierfabrik gebaut hatte, in Finnland mit Energie versorgt. 2010 übernahm UPM das finnische Familienunternehmen. Ein Jahr später wurde zunächst das Werk in Finnland, 2012 dann das dazugehörige Biomassekraftwerk stillgelegt. Die Anlage hat eine elektrische Leistung von etwa 20 Megawatt und eine Wärmeleistung von 80 Megawatt. Sie könnte die Hürther Papierfabrik komplett mit Dampf versorgen, sagt UPM-Manager Schmidt.
Durch die Realisierung des Projektes am Standort Hürth ergäben sich nicht nur Kostenvorteile. Auch die Umweltbilanz würde verbessert, weil zur Versorgung der Papierfabrik Biomasse statt fossiler Energieträgereingesetzt und dadurch der CO2 -Ausstoß reduziert würde, so Schmidt.
Um das Projekt zu realisieren, will UPM mit BEE einen Wärmeliefervertrag abschließen. BEE würde dann von UPM die Anlage kaufen, demontieren, in Hürth wieder aufbauen und anschließend auch betreiben. Turbine und Generator sind bereits ausgebaut und nach Deutschland transportiert worden, der Kessel und die anderen Kraftwerkskomponenten sollen folgen.
Bis zu 240 000 Tonnen Altholz werden jährlich verbrannt
Standort für das Biomassekraftwerk, in dem jährlich bis zu 240 000 Tonnen Altholz verbrannt werden sollen, soll eine etwa anderthalb Hektar große Wiese auf dem UPM-Werksgelände am Bertramsjagdweg werden, die von BEE gepachtet wird. Bisher war diese Fläche für eine mögliche Erweiterung des Werks um eine zweite Papiermaschine vorgesehen. Angesichts des harten Wettbewerbs auf dem Markt für Zeitungsdruckpapier sei das aber derzeit kein Thema, sagt Schmidt.
Stattdessen sei über die Jahre die 2002 in Betrieb genommene PM 1 des Herstellers Voith – die modernste Papiermaschine des UPM-Konzerns – optimiert worden. Inzwischen kann die Maschine bis zu 2200 Meter Papier pro Minute ausspucken, gestartet war man mit 1800 Metern. Bis zu 330 000 Tonnen Zeitungspapierkann das Hürther Werk mit 125 Mitarbeitern im Jahr aus Altpapier produzieren. Abnehmer sind vor allem Verlage aus der Region. Auch der „Kölner Stadt-Anzeiger“ wird auf Papier aus Hürth gedruckt.
Werksleiter Armin Schmidt betont, dass das Kraftwerksprojekt von BEE ein wichtiger Beitrag zur Standortsicherung wäre. „Wir glauben an Papier“, sagt der Fabrikschef, „und wir glauben auch, dass in Zukunft Zeitung gelesen wird.
Von Andreas Engels
Quelle: Kölner Stadt-Anzeiger online vom 15. Oktober 2016