Die Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm übergeben das 2012 errichtete Holzgas-Heizkraftwerk Senden in neue Hände. Eigentümer und Betreiber der Anlage wird zum 1. Januar 2018 BlueEnergy Europe GmbH beziehungsweise deren eigens dafür gegründetes Tochterunternehmen Blue Energy Syngas GmbH. Die entsprechenden Verträge wurden jetzt unterzeichnet. Blue Energy Syngas wird die Anlage weiterbetreiben und beschäftigt die bisher vor Ort tätigen Mitarbeiter der Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm Netze GmbH. Ein entsprechender Dienstleistungsauftrag sei vertraglich vereinbart, heißt es in einer Mitteilung der Stadtwerke. Zum Kaufpreis äußerten sich die Vertragspartner nicht.
Blue Energy Europe erfahren im Bereich der Bioenergie
Blue Energy Syngas operiert als Projektierungsgesellschaft unter dem Dach der Blue Energy Europe GmbH. Die Muttergesellschaft mit Sitz im Ulmer Science Park ist spezialisiert auf die Entwicklung und Realisierung von ökologischen Energieprojekten, insbesondere im Biomassebereich. Für Aufsehensorgten im vergangenen Jahr die Pläne des Unternehmens, ein Biomassekraftwerk in Finnland ab- und am Standort Hürth des Papierkonzerns UPM wieder aufzubauen (EUWID 30/2016).
Blue Energy sieht es nach eigener Darstellung als Kern-Aufgabe an, an der Reduktion globaler CO2-Emissionen mitzuwirken. Durch Projekte der Blue Energy Europe werden den Angaben zufolge jährlich350.000 Tonnen Kohlendioxid eingespart, rund 110.000 Menschen mit Strom und etwa 160.000Menschen mit Wärme versorgt. Die Philosophie der Blue Energy Europe sei maßgeblich von einer „ganzheitlichen Umweltethik“ geprägt, sagt Jochen Sautter, Geschäftsführer von Blue Energy Europe. „Daher freut es uns, dass wir unser Kerngeschäft um das Holzgas-Heizkraftwerk Senden erweitern und durch eine CO2-neutrale Energieversorgung einen Beitrag zum Umweltschutz und zur Standortsicherung leisten können“.
SWU will sich stärker auf Kerngeschäft konzentrieren
Die Stadtwerke könnten sich nun wieder stärker ihrem Kerngeschäft widmen, betont SWU-Geschäftsführer Klaus Eder. „Forschung, Bau und Betrieb von innovativen Erzeugungsanlagengehören nicht zu unseren Stammaufgaben, zumal das Holzgas-Heizkraftwerk unsere wirtschaftlichen Erwartungen bisher nicht erfüllt hat.“ Im übrigen sei die Anlage gut geführt worden und könne
technisch optimiert übergeben werden. „Tatsächlich finden wir günstige Voraussetzungen vor, um den Betrieb auf dieser Basis weiterzuentwickeln“, unterstreicht Herbert Heinz, Technischer Geschäftsführer von Blue Energy Europe.
Blue Energy Syngas liefert die in Senden erzeugte Wärme künftig an die Stadtwerke. Das ist ebenfalls Bestandteil des Vertrags. Die Stadtwerke vermarkten die Wärmemengen wie bislang an ihre Kunden im Sendener und Neu-Ulmer Netz. Investitionen seitens des neuen Eigentümers sollen die Kraftwerksverfügbarkeit und die Produktionsmenge erhöhen. Die SWU ihrerseits will die Akquise fortsetzen, um das Fernwärme-Netz in Senden und Neu-Ulm zu verdichten. Den im Holzgaskraftwerkerzeugten Strom speist Blue Energie Syngas ins öffentliche Netz ein und erhält dafür die nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz festgelegte Vergütung.
Holzvergasungs-Anlage in Senden einzigartig in Deutschland
Das Sendener Heizkraftwerk ist deutschlandweit das erste und bislang einzige Holzvergasungskraftwerk „in einer praxisrelevanten Größe“, heißt es seitens der SWU weiter. Für die dezentrale Strom- und Wärmeversorgung werden nachwachsende Rohstoffen genutzt. Dabei kommt größtenteils Restholz aus den Wäldern der Region zum Einsatz. Die Inbetriebnahme des Kraftwerks war mehrfach verschoben worden. Nach Angaben der SWU verfügt das Holzvergasungskraftwerk über eine elektrische Leistung von 5,0 MW und eine thermische Leistung von 6,4 MW. Das Bundeslandwirtschaftsministerium hat das Projekt mit 6,6 Mio. € gefördert.
Als wesentlicher Vorteil der Holzgastechnologie gilt der deutlich höhere Gesamt-Wirkungsgradgegenüber konventionellen Biomasse-Heizkraftwerken. Jährlich werden rund 40.000 Tonnenunbehandeltes Holz unter hohen Temperaturen verschwelt. Dabei zerfällt das Holz und es entsteht Holzgas als eigentlicher Brennstoff für das Heizkraftwerk. Die Gase werden verbrannt und erzeugen mittels Kraft-Wärme-Kopplung über zwei stromgeführter Gasmotoren Strom und Wärme.
Holz aus der Wald- und Landschaftspflege
Das Holz stammt aus der Wald- und Landschaftspflege. Auch Schwemmholz aus den SWU-Wasserkraftwerken ist bislang verwertet worden. In drei Silos von rund 13 Metern Höhe wird das Holz gelagert. In einem vierten Silo werden die Hackschnitzel getrocknet. Das Heizkraftwerk Senden liefert die Wärme über eine sechs Kilometer lange Leitung auch ins Neu-Ulmer Netz.
Quelle: EUWID Neue Energie (2. November 2017)